Grundlagen der Anlage #
Wenn es um Geldanlage geht, ist wohl die erste Frage meistens: „Wo soll ich mein Geld anlegen?“. Und die Antwort wird wohl in den meisten Fällen lauten: „Kommt darauf an.“ Unser Ziel im ersten Kapitel wird es sein, zu verstehen, worauf es denn genau ankommt. Dann nämlich haben wir bereits einen sehr großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Über allen Ansätzen und Aspekten in diesem Buch schwebt immer nur ein Grundgedanke:
„Wir müssen uns mit allen unseren Entscheidungen wohl fühlen.“ Wirklich wohl fühlen können wir uns aber nur, wenn wir das, was wir machen auch verstehen und dahinter stehen können. Wir können natürlich immer zu einem Berater gehen, der uns im besten Fall jegliche Entscheidung abnimmt. Ob wir uns aber damit wohlfühlen steht in den Sternen. Viel wichtiger ist, dass wir die Verantwortung für unsere Geldanlagen nicht abgeben können, die bleibt immer bei uns selber hängen. Wir müssen verstehen, dass wir vielleicht allen möglichen Menschen oder Ereignissen die Schuld an dies oder jenem geben können, es ändert aber nichts an unserer Verantwortung. Angenommen wir beauftragen einen Berater, sich um unsere Geldanlage kümmert, dann wird er uns im besten Falle die Anlageentscheidungen abnehmen, er wird uns aber nicht die Verantwortung abnehmen können. Am Ende tragen wir die Verantwortung dafür, wen wir beauftragt haben und welche Rahmenbedingungen wir dem Berater gegeben haben. Und genau damit sind wir zurück bei dem Aspekt des Wohlfühlens. Auch mit der Wahl eines Beraters müssen wir uns wohl fühlen können. Bevor wir jetzt klären wollen, wo wir unser Geld anlegen, müssen wir uns aber erst einmal fragen, warum wir Geld anlegen wollen und viel wichtiger wieviel wir anlegen können. Schließlich ist ja jede Geldanlage auch mit dem Risiko verbunden, das wir es verlieren können. Also warum wollen wir überhaupt ein Risiko eingehen? Und damit wollen wir einsteigen in das große Thema Geldanlage und Börse.
persönliche Situation #
Bei der Frage, wieviel wir denn anlegen wollen, oder besser gesagt können, werden einige schon ins Schwimmen kommen. Der Ausgangspunkt ist immer das Einkommen und/oder das Vermögen. Bevor wir uns auf den Weg zu unseren Zielen machen, müssen wir uns über unseren Ausgangspunkt klar sein. Außer durch den Abstand zum Ziel – im Falle der Altersvorsorge vorrangig das Lebensalter – ist der Ausgangspunkt durch die Vermögensverhältnisse einerseits und die Einkommensverhältnisse andererseits geprägt. Oft kennen wir unser verfügbares Einkommen nicht wirklich. Das ist das Geld, das von unseren Einnahmen übrig bleibt, nachdem wir die notwendigen Ausgaben bestritten haben. Um dieses verfügbare Einkommen zu ermitteln, müssen wir gewissenhaft unsere Einnahmen und Ausgaben notieren. Die Betonung liegt auf „gewissenhaft“: Es geht um die bestmögliche langfristige Planung der eigenen Lebensgestaltung und es sind weder Schönfärberei noch Schwarzmalerei angebracht. Wir müssen zudem vorhersehbare und unvorhergesehene Ausgaben berücksichtigen. Die Einnahmenseite ist bei den meisten relativ klar, ein oder zwei regelmäßige Nettoeinkommen, eventuell ein regelmäßiger Nebenjob, vielleicht für eine vorhersehbare Anzahl von Jahren Kindergeld oder Ähnliches, vor allem bei Jüngeren regelmäßige Zuwendungen von den Eltern etc. Problematischer ist die Ausgabenseite: Die Wohnungsmiete/Rate für das Haus, sonstige Kredite oder Ratenzahlungen, Vereinsbeiträge Abos (streaming…) und Ähnliches sind noch relativ leicht festzustellen. Einmal im Jahr fällige Versicherungsprämien oder der regelmäßige Urlaub lassen sich problemlos auf zwölf Monate verteilen. Schwierig wird es oft, wenn es um die Kosten für Ernährung, Kleidung, Kraftstoff oder Vergnügungen verschiedenster Art geht. Die Ausgaben sind komplex und unstetig, die Größe der einzelnen Posten reicht von wenigen Cent am Kiosk bis zu Hunderten von Euro im Bekleidungs-, Computer- oder Sportgeschäft. Klarheit gewinnt der Durchschnittsbürger hier nur, wenn er eine Weile gewissenhaft ein umfassendes Haushaltsbuch führt. Dabei ist es im Grunde egal, ob man das auf Papier oder in einer Tabellenkalkulation tut. Neben der neutralen Bestandsaufnahme hat ein konsequentes, ehrliches Haushaltsbuch noch einen überaus nützlichen „Nebeneffekt“: Es macht Bereiche erkennbar, in denen Einsparungen möglich wären. Oft weckt es überhaupt erst das Bewusstsein dafür, was wirklich „notwendig“ ist und was nicht. Neben Einkommen gibt es aber auch Vermögen und Schulden. Habe ich eine halbe Million auf dem Sparbuch? Bekomme ich in anderthalb Jahren Zugriff auf den Treuhandfonds, den meine reichen Eltern vor 20 Jahren für mich angelegt haben? Oder muss ich noch 20.000 Euro für das Auto abbezahlen, das ich mir vor zwei Jahren geleistet habe? Wenn Vermögen vorhanden oder zu erwarten ist, fließt es in die Überlegungen zur Geldanlage ein. Besteht ein negatives Vermögen in Form von Schulden, treten – fast – alle sonstigen Ziele in den Hintergrund und das erste Ziel heißt: die Schulden abbauen. Grund dafür ist ein einfaches Rechenexempel: Schulden bringen eine sichere negative Rendite in Form von Zinsen. Damit es sinnvoll wäre, verfügbares Einkommen anzulegen, anstatt es in den Schuldenabbau zu investieren, müsste es eine ebenso sichere positive Rendite bringen, die höher ist als die Zinsen – und das ist nur in Ausnahmefällen gegeben. Tilgt man eine Kreditkartenschuld, auf die 18 % Zinsen fällig waren, hat man vereinfacht gesagt bereits eine Rendite von 18 % erzielt, und das ist mit sicheren Anlagerenditen unmöglich zu toppen. Deshalb sollte man, bevor man ein Anlageportfolio aufbaut, zunächst seine negativen Renditen beseitigen, und zwar beginnend bei den Schulden mit den höchsten Zinsen. Abbau von Schulden hat höchste Priorität, da Soll-Zinsen höher sind als Haben-Zinsen. Einen Sonderfall stellt hierbei die Verschuldung für das Eigenheim dar. Manche Berater sprechen von guten und schlechten Schulden, wobei sie Immobilienschulden meist zu den guten zählen. Das hat mehrere Gründe, zum Beispiel den, dass Hypothekendarlehen bei langer Laufzeit verhältnismäßig niedrig verzinst sind. Außerdem besteht die Alternative zu dieser Art von Verschuldung nicht etwa darin, diesen Posten wegfallen zu lassen, sondern darin, Miete zu bezahlen. Und das Endergebnis nach 30 Jahren Miete ist ein völlig anderes als nach 30 Jahren Raten für das Haus. Aus diesem Grund ist das Eigenheim im Normalfall sogar als Geldanlage zu betrachten, obwohl es mit hohen Schulden verbunden ist. Für vermietete Immobilien gilt dies ebenfalls – vorausgesetzt, das Verhältnis von Kaufpreis, Zinsen, Mieteinnahmen und Kosten stimmt. Nachdem wir jetzt ein Vorstellung von unserer persönlichen finanziellen Situation haben, sehen wir, wieviel Geld uns zur Verfügung steht. Wir können also damit beginnen unsere Ziele zu definieren.
Anlageziele #
Es gibt unterschiedliche Gründe sein Geld anlegen zu wollen. Manche wollen vielleicht einfach nur mal ein wenig Nervenkitzel, andere wollen vielleicht Geld für ihren Ruhestand zurücklegen. Wieder anderen wollen in zehn Jahren das Dach ihres Hauses erneuern oder vielleicht in fünf Jahren eine große Reise unternehmen oder wollen Geld zurück legen, um den Kindern das Studium zu finanzieren. So mancher denkt beim Thema Geldanlage zuallererst oder gar ausschließlich an die Altersvorsorge. Die eigenverantwortliche Altersvorsorge hat zwar hierzulande in den letzten Jahrzehnten aus politischen Gründen an Bedeutung gewonnen, aber ähnlich wie in anderen Lebensbereichen sollte man auch bei der Geldanlage nicht vor lauter Zukunft die Gegenwart aus dem Blick verlieren: Sobald die Haushaltsbilanz ins Positive gewendet wurde, muss als Erstes ein gewisses Maß an Liquidität gewährleistet werden, damit man Eventualitäten bewältigen kann. Bevor man Mittel also langfristig bindet – sei es in Festanlagen, in Immobilien oder in langfristig steigende Aktien – muss man unbedingt ein Liquiditätspolster anlegen, denn das ist trotz Inflation und Nullzinsen immer noch günstiger als ein Überziehungskredit. Da hier Sicherheit und Verfügbarkeit über Rendite gehen, kann man sich durchaus mit den einfachsten Möglichkeiten Girokonto, Sparbuch oder Tagesgeldkonto begnügen. Wie dick das Polster sein sollte, hängt von zahlreichen Faktoren ab:
- angestellt oder selbstständig
- Wohneigentum oder nicht
- allein oder mit Familie
- Anzahl und Qualität der vorhandenen Versicherungen
Es gibt tatsächlich jede Menge Gründe, warum es notwendig sein kann, sein Geld anzulegen und damit einem gewissen Risiko auszusetzen. Leider ist der Begriff Risiko bei uns eher negativ besetzt, wo er doch tatsächlich beide Seiten der Medaille beschriebt. Wir unterscheiden zwar oft in Chance und Risiko, meinen aber tatsächlich dasselbe. Unsicherheit ist da wohl der bessere Begriff. Selbst wenn wir unser Geld in Scheinen unter der Matratze verstecken, setzen wir es einer nicht vernachlässigbaren Unsicherheit aus. Zum einen kann es gestohlen werden und ist damit meist unwiederbringlich verloren. Zum anderen kann (und wird) es seinen Wert über die Zeit verlieren. Dieser Kaufkraftverlust ist in gewissem Maße gewollt und zumindest in Deutschland eine der größten gesellschaftlichen Ängste. Vor zwanzig Jahren kostete eine Kugel an der Bude an meinem Lieblingsstrand noch 30 Cent. Heute muß man für eine Kugel 70 Cent zahlen. Es wird halt immer alles teurer. Wir können mit dem selben Geld nicht mehr das Gleiche kaufen, sondern bekommen meist weniger, oder müssen mehr zahlen. Dieser Verlust an Kaufkraft durch die Teuerung nennen wir Inflation. In den 1920ern litt Deutschland unter einer Hyperinflation, wo sich die Preise binnen weniger Tage mehr als verdoppelten (siehe Abschnitt Inflation/Hyperinflation). Entweder wir geben all unser Geld immer gleich vollständig aus, oder aber riskieren einen Wertverlust. Das Gegenteil von Inflation, also Deflation, ist für eine Volkswirtschaft deutlich gefährlicher (siehe Deflation). Solange wir arbeiten und ein Einkommen haben, wollen wir vielleicht etwas von unserem Lohn zur Seite legen und sparen. Damit können wir uns für die Rente ein Polster schaffen. Andere hingegen haben genug Geld und Einkommen zum Leben und wollen es einfach für sich arbeiten lassen, um eine positive Rendite zu erwirtschaften. Dann kann es auch Menschen geben, die weniger an einem Investment interessiert sind, sondern einfach nur zocken wollen, also eher ein Hobby oder Nervenkitzel suchen. Wenn es hingegen darum geht Mechanismen zu nutzen um Steuern zu sparen, kann nur ein Steuerberater weiter helfen. Das Thema Steuern werden wir hier nicht thematisieren. Bei jeder Form der Geldanlage gibt es auch immer eine Unsicherheit, die es zu managen gilt. Wir werden diese Punkte noch recht ausgiebig betrachten, denn hier liegt oftmals einer der Gründe warum es nicht so richtig läuft bei der Anlage. Verluste gehören dazu und sind völlig normal. Solange sie nur auf dem Papier stehen, ist noch kein Schaden angerichtet. Werden sie aber realisiert, dann ist das Geld weg. Daher müssen wir versuchen Situationen zu vermeiden, in denen wir gezwungen sind mögliche Verluste zu realisieren. Haben wir einen ausreichend großen Zeithorizont, können wir möglicherweise Durststrecken einfach aussitzen. Wollen wir hingegen unseren Kindern ein Polster aufbauen, damit sie ihr Studium finanzieren können, haben wir einen deutlich kürzeren klar definierten Horizont. Wo soll man denn jetzt das Geld für die Rente anlegen? Sicher nicht auf dem Girokonto oder dem Tagesgeldkonto. Liquide braucht die Altersvorsorge ja vorläufig nicht zu sein, aber im Gegensatz zu den genannten Anlageformen sollte sie eine Rendite bringen, die möglichst über der zu erwartenden Inflation liegt. Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank liegt bei etwa 2 %, das heißt, bei Nullverzinsung schrumpft das Vermögen jährlich um 2 % und eine reale Rendite erzielt man erst bei einer nominalen Rendite von mehr als 2 % – wenn das Inflationsziel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten konstant eingehalten wird. Hier sind also rentablere und somit riskantere, dafür weniger liquide Anlageformen gefragt. Der Zusammenhang zwischen diesen drei Parametern lässt sich schön an dem sogenannten Magischen Dreieck veranschaulichen, wobei das Risiko hier aus Gründen der Logik durch sein Gegenteil vertreten wird: die Sicherheit, also die Erhaltung des Vermögens.
Wir alle wünschen uns eine Anlage, die Sicherheit bietet liquide ist und eine hohe Rendite abwirft. Spass bei Seite. Solch eine Konstellation kann es nicht geben, da immer nur maximal zwei Punkte zutreffend sein können und das dritte ausschließen. Sichere liquide Anlagen sind nicht rentabel (beispielsweise Sparbuch oder Tagesgeld) Sichere rentable Anlagen sind nicht liquide (beispielsweise langfristige Anleihen oder Sparverträge) Liquide rentable Anlagen sind nicht sicher (beispielsweise Aktien oder Optionen) Natürlich sind die drei Kriterien nicht absolut, sondern relativ zu betrachten, und es gibt zahlreiche fließende Übergänge zwischen den hier genannten radikalen Konstellationen. Bezogen auf das Thema Altersvorsorge sagt das Magische Dreieck aus, dass man für die Altersvorsorge Anlagen wählen sollte, die sich in dem Bereich zwischen Sicherheit und Rentabilität bewegen. Diese Bewegung vollzieht sich, während man sich dem Rentenalter nähert, von der Rentabilität in Richtung Sicherheit, denn je näher man dem Zeitpunkt kommt, zu dem man das Geld braucht, desto weniger kann man sich größere zwischenzeitliche Verluste leisten.
Sobald man schuldenfrei und liquide ist, kann man „richtig loslegen“ – jedenfalls fast, denn: Ab diesem Punkt, den man gewissermaßen als Nullpunkt bezeichnen könnte, sollte man auf jeden Fall das zeitlich und meist auch von der Anlagesumme her fernste Ziel ins Auge fassen, nämlich den Ruhestand.
Arbeitnehmer sorgen dank Rentenversicherung automatisch – oder gezwungenermaßen – für ihr Alter vor und stehen vor der Aufgabe, die berühmte Rentenlücke oder Versorgungslücke zu schließen. Selbstständige stehen vor der Aufgabe, ihre komplette Altersversorgung zu sichern und zu gestalten. Es ist keine Binsenweisheit, dass man nicht früh genug damit beginnen kann, für das Alter vorzusorgen. Das hängt unter anderem mit dem Zinseszinseffekt zusammen. Häufig wird das dynamische Verhältnis zwischen Rentabilität und Sicherheit durch die einfache Formel ausgedrückt, dass bei einer Mischung aus Aktien und Anleihen die Aktienquote einem Wert von 100 minus dem Lebensalter entsprechen sollte.
Diese Formel bietet allerdings nur einen groben Anhaltspunkt. Denn zum einen stellt jeder Mensch andere Ansprüche an Sicherheit und Rendite, und zum anderen spielen auch Faktoren wie die Lage an den Finanzmärkten, die weltpolitische Lage und so weiter mit. Jenseits aller Berechnungen und volkswirtschaftlichen Überlegungen gilt bei der Geldanlage die alte Bauersfrauenregel, dass man nicht alle Eier in einen Korb legen sollte. Das Stichwort lautet hier Diversifizierung oder Streuung. Ein sicheres Portfolio enthält neben Aktien und Anleihen auch Immobilien, Gold und/oder andere Rohstoffe und ist innerhalb der einzelnen Assetklassen nochmals diversifiziert. Zurück zu den Anlagezielen – ein überaus wichtiger Punkt fehlt bei der Altersvorsorge noch, und zwar die Höhe der monatlichen oder jährlichen Beiträge. Dieser Frage kann man sich von zwei Seiten nähern: Entweder man rechnet aus, wie viel man ansparen muss, damit man im Alter einen bestimmten Betrag an Rente bekommt, oder man überlegt sich, wie viel man unter Berücksichtigung des Lebensunterhalts, der Liquidität und der mittelfristigen Anlageziele mit Sicherheit entbehren kann. Falls Vermögen vorhanden ist, fallen die Berechnungen der Beitragsseite natürlich günstiger aus. Und wenn man ein Haus besitzt, fallen die Berechnungen für den Bedarf im Ruhestand günstiger aus. Aufgrund der Vielzahl der Faktoren, die sich im Laufe der Jahrzehnte auf die Anlage und den Bedarf auswirken, ist eine exakte Berechnung nicht möglich, doch zumindest kann der Berechnungsversuch Grenzen und Größenordnungen aufzeigen, die man dann mit dem verfügbaren Einkommen vergleichen kann. Der berühmt-berüchtigte Zinseszinseffekt – dass im Laufe der Zeit nicht nur Renditen auf die anfängliche Anlagesumme, sondern auch auf die zwischenzeitlich angefallenen Renditen anfallen – hat zur Folge, dass die Dauer einer Geldanlage die größte für die Mehrung des Anlagevermögens verantwortliche Kraft ist. Überspitzt lässt sich das sehr gut anhand eines Sees veranschaulichen, auf dem Seerosen wachsen. Die Fläche, die von Seerosen bedeckt ist, verdoppelt sich täglich – sie wächst täglich um den gleichen Anteil an der bislang vorhandenen Fläche. Nach 39 Tagen ist der See zur Hälfte bedeckt – und bereits einen Tag später zu hundert Prozent. Das gleiche Phänomen gilt unabhängig von der Höhe der Verzinsung auch für Geldanlagen: Das Vermögen wächst jährlich um den gleichen Anteil am bisherigen Vermögen, aber dieser Anteil ist in den späteren Jahren um ein Vielfaches größer als in den früheren Jahren, und er wächst auch noch schneller als in den früheren Jahren.
Suche nach Rentabilität #
Um diesem Kaufkraftverlust entgegenzuwirken, ist es notwendig, sein Geld rentabel anzulegen. Dafür gibt es unzählige Möglichkeiten, die aber immer eines verbinden sollten – dass sie eine bestimmte Rendite erbringen. Bei sehr sicheren Anlageformen wie dem Sparbuch, dem Festgeld bei Banken oder Sparkassen sowie auch Zinspapieren der Bundesrepublik Deutschland (sogenannte Bundesanleihen) ist der Zins traditionell relativ niedrig. Wer aber etwas genauer hinschaut, findet durchaus Investments mit höherer Rendite. Dass die Suche nach einer rentablen Geldanlage wichtig ist, leuchtet schnell ein. Beispiel Altersvorsorge. Einer aktuellen Umfrage zufolge vertraut inzwischen nur noch etwa jeder vierte deutsche Mitbürger bei der Rente auf den Staat. Jeder zweite Befragte hegt konkrete Angst vor Altersarmut und vier von fünf Befragten sind überzeugt, dass sich ohne private Altersvorsorge der gewohnte Lebensstandard nicht aufrechterhalten lassen wird. Der Aufbau einer privaten Altersvorsorge gelingt aber wiederum nur über eine langfristige und – wie gesagt – rentable Geldanlage. Wobei es auch darauf ankommt, möglichst frühzeitig und möglichst regelmäßig anzusparen. Für die Höhe der zu erwartenden Erträge gibt es eine einfache Faustformel, die da lautet: „Je höher das Risiko, desto höher die Rendite.“ Zu erklären ist das damit, dass Anleger für das zeitweise Überlassen ihres Geldes, was Investieren letztlich immer ist, eine Belohnung verlangen, die sich in der Rendite ausdrückt. Und mit zunehmendem Risiko steigt auch die geforderte Belohnung. Festgeld bei einer ausländischen Bank ist weniger geschützt als bei einer heimischen. Unternehmen sind schlechtere Schuldner als der Bund und Aktien schwanken im Allgemeinen stärker im Kurs als Zinspapiere, was als Maß für das Risiko gilt. Im Fachjargon spricht man hier von Volatilität. Das Thema Anlage ist sehr persönlich und sollte selbst genau geprüft werden. Es gibt je nach eigener finanzieller Lage und persönlichen Bedürfnissen ganz andere Anlageziele.
Im Grunde genommen gibt es zwei Möglichkeiten, um an der Börse Geld zu verdienen. Wir können investieren oder spekulieren. Der Unterschied zwischen Spekulation und Investition ist
Geld verleihen und dafür eine Prämie bekommen, also den Zins Etwas zu einem niedrigen Kurs kaufen und später zu einem höheren Kurs verkaufen Viel mehr Möglichkeiten haben wir nicht, brauchen wir eigentlich auch nicht. Mit diesen beiden Mitteln können wir eine positive Rendite erwirtschaften
Mehr Rendite bedeutet mehr Risiko #
Das Leben der meisten Menschen besteht finanziell betrachtet natürlich nicht nur darin, dass sie ihre Existenz in der Gegenwart und im Alter sichern, sondern sie möchten sich auch andere Dinge leisten. Für viele Dinge reicht es aber nicht aus, dass man einmal in der Woche ein Getränk weniger zu sich nimmt oder jeden Abend die Münzen aus dem Geldbeutel ins Sparschwein befördert. Wenn man sich ein Liquiditätspolster aufbaut – und nichts weiter tut, dann hat man irgendwann sicherlich mehrere Monatsgehälter auf dem Konto liegen, von denen man sich das eine oder andere leisten kann. Mehr erreicht man jedoch, wenn man nach einer individuell verschiedenen Anzahl von Monatsgehältern und der Schließung der voraussichtlichen Rentenlücke dazu übergeht, für das Sparen auf konkrete Ziele hin Anlageformen zu wählen, die eine höhere Rendite bringen und/oder eine geringere Liquidität aufweisen als Girokonto, Sparbuch und Konsorten. Das Spektrum der Möglichkeiten ist hier sehr breit und wiederum sowohl vom Ziel als auch von der persönlichen Veranlagung und Risikobereitschaft abhängig. Spart man darauf, dass man in spätestens zehn Jahren das Dach erneuern muss, neigt man vielleicht eher zu einem sicheren Sparplan. Will man sich mit dem Partner in ein paar Jahren endlich mal wieder eine größere Reise gönnen, greift man je nach persönlicher Neigung vielleicht eher zu Aktien oder noch spekulativeren Anlagen. Kurz gesagt: Wenn genügend Spielraum besteht, sollte man für verschiedene Zwecke verschiedene Portfolios aus unterschiedlichen Anlageprodukten anlegen. Wandert das Gesparte nicht in das Sparschwein, sondern etwa in einen riskanten Schwellenländer-Fonds oder in eine junge Firma mit offener Zukunft, kann man bei einer gewissen zeitlichen Flexibilität womöglich Erstaunliches daraus machen. Hier bewegen wir uns freilich bereits auf dem Terrain der spekulativen Anlagen. Doch so viel auch allerorten vor Spekulation gewarnt wird: Erstens sind die Grenzen fließend, zweitens macht die Menge das Gift und drittens gilt hier das Gleiche wie bei dem Unterschied zwischen Hungern und Fasten: Spekulieren aus Not ist meist tödlich, bewusstes Spekulieren kann eine gesunde Bereicherung sein. Nebenbei bemerkt: Millionen Menschen spekulieren zweimal die Woche auf einen Lottogewinn. Dagegen erscheint die Investition in hochspekulative Aktien geradezu hochsolide, denn hier ist die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts zwar ebenfalls gegeben, aber wesentlich geringer als beim Lotto.
Zusammenfassung und Fazit #
Bei der Planung von Geldanlagen sollte immer zuerst die persönliche Situation analysiert werden. Dabei ist zu prüfen, wieviel Geld denn überhaupt zur Verfügung steht. Zu beachten dabei ist das Schuldenabbau immer höchste Priorität hat und ein Liquiditätspolster angelegt werden sollte. Erst danach können Ziele definiert werden, bei denen eine Gruppierung Sinn machen kann, um verschiede Töpfe zu definieren. Also langfristige Anlagen gegenüber kurzfristigen Anlagen, wobei mit dem längsten Anlagehorizont begonnen werden sollte. Jetzt kann begonnen werden die passende Anlageform für das jeweilige Ziel zu wählen. Zum Traden kann ein kleines Konto gewählt werden, mit dem versucht werden kann, kurzfristig am Markt Gewinne zu realisieren. Für das Studium der Kinder kann zum Beispiel ein Sparplan auf Aktien abgeschlossen werden und für die Rente ein Mix aus ETFs auf Aktien und Anleihen. Höhere Rendite bedeutet auch höheres Risiko. Hierbei kann aber der Zinseszinseffekt auch weniger spektakulären Renditen von „langweiligen“ Anlagen ein Ergebnis liefern, dass über einen langen Zeithorizont Renditen über der Inflation bringt.
Zins #
Zinsen spiegeln die Kosten für das Entleihen von Geld, also die Aufnahme eines Kredits, wider und sind ein wichtiger Teil unseres Wirtschaftssystems. Grundsätzlich ermöglichen Sie es, Geld zu verleihen und Geld zu sparen, was für eine funktionierende Wirtschaft wichtig ist. Fangen wir mit einem Zins an, den manche bestimmt kennen, dem Einlagenzins. Wer Geld auf einem Bankkonto spart, kann dafür von der Bank Zinsen gezahlt bekommen. Die Höhe des Zinses richtet sich dabei nach verschiedenen Faktoren. Dazu gehören das allgemeine Zinsumfeld, die Größe und die Dauer der Einlage. Dabei gilt, dass der Zinssatz höher ist, je länger der Sparer auf sein Geld verzichtet. Auch wenn es Zeiten geben kann, in denen diese Zinsen eher gegen null laufen (abhängig vom allgemeinen Zinsumfeld), sind Banken daran interessiert, Geld von ihrer Kundschaft zu bekommen, um es weiter zu verleihen. Damit sind wir in der Situation, in der sich ein Kunde etwas kaufen möchte, für das das Ersparte nicht reicht oder wenn ein Unternehmen expandieren möchte. In solchen Fällen kann man sich z. B. bei der Bank Geld über einen Kredit ausleihen. Hierfür muss der Kreditnehmer – also der, der sich das Geld leiht, – Zinsen an die Bank zahlen. Die Höhe dieses sogenannten Kreditzinses hängt unter anderem davon ab, wie kreditwürdig der Kreditnehmer ist: Je höher das Risiko für die Bank ist, dass der Kreditnehmer den Kredit nicht zurückzahlen kann, desto höher ist der Zinssatz, den dieser zahlen muss. Ebenso hängt die Höhe des Zinssatzes von der Laufzeit des Kredits ab. Je länger die Bank das Geld zur Verfügung stellt, desto höher ist der Zinssatz. Manche Kosten eines Kredits sind aber nicht auf den ersten Blick erkennbar. So kann es z. B. sein, dass ein Kreditnehmer nur einen geringeren Betrag als den Kreditbetrag tatsächlich ausgezahlt bekommt. Es kann auch sein, dass zusätzlich zum Kreditbetrag noch eine Gebühr bezahlt werden muss. Der sogenannte effektive Jahreszinssatz enthält alle Kosten für einen Kredit. Banken, aber auch Autohändler oder Elektromärkte sind verpflichtet, den effektiven Jahreszinssatz auszuweisen, damit die Kunden verschiedene Kreditangebote miteinander vergleichen können. Soweit die Zinsen, denen wir in unserem Privatleben so oder ähnlich bestimmt schon über den Weg gelaufen sind. Die oben genannten Zinsen, also Einlagenzins oder Kreditzins, hängen von einem Zins ab, der einen großen Einfluss auf alle anderen Zinsen hat, dem Leitzins.
Fremdkapitalgeber #
Wir wollen uns im Rahmen der Geldanlage aber nicht mit dem Sparbuch oder aber einem Konsumkredit beschäftigen. Wir wollen unser Geld anlegen, also verleihen bzw. investieren. Wenn wir Geld verleihen wollen, müssen wir dies in einem geordneten Rahmen machen. Jedes mal wenn wir Geld verliehen haben, besteht auch immer eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass wir nur einen Teil dessen oder sogar nichts mehr zurück erhalten. Bei einem Buch oder einer Bohrmaschine ist dies ärgerlich, aber selten geraten wir dadurch in finanzielle Schwierigkeiten. Eine Möglichkeit dieses Ausfallrisiko abzufangen ist das einfordern eines Pfandes - eine andere, dass wir selber einen Zins für das Ausleihen einfordern. Der erste Schritt beim Verleihen von Geld ist also eine Abschätzung eines möglichen Zahlungsausfalls unseres Schuldners - also dessen, dem wir unser Geld überlassen. Für diese Überlegung müssen wir aber auch wissen, für welchen Zeitraum wir auf unser Geld verzichten. Denn allgemein gilt, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls steigt, je länger das Geld verliehen ist. Je weiter wir in die Zukunft schauen, desto ungewisser sind die Rahmenbedingungen unter den wir das Geld verleihen haben. Zum Verleihen von Geld gehört demnach: wieviel Geld denn verliehen werden wird, also die Höhe des überlassenen Kapitals ein definierter Zeitraum bzw. ein Zeitpunkt zu dem der Kredit zurück gegeben werden muss, also die Laufzeit ein Zins, den wir einfordern dafür, dass wir einem Schuldner Geld überlassen, also der Zinssatz die Modalität, in der Zinszahlung zu tätigen sind, also etwa monatlich, quartalsweise oder jährlich
Wenn wir diese Punkte nun in eine Art Vertrag schreiben haben wir im Grunde unser erstes Wertpapier gestaltet. An der Börse werden solche Schuldverschreibungen als Anleihen bezeichnet. Wir, als Kreditgeber haben dann als Gegenwert zu unserem verliehenen Geld eine Anleihe erhalten, sprich wir haben eine Anleihen gezeichnet. Solch eine Anleihe kann ich jetzt auch wieder verkaufen oder aber ich kann andere/weitere dazu kaufen. Um dafür definierte Rahmenbedingugen zu schaffen wurden Handelsplaätze geschaffen - die Börsen. Wir werden in weitere Kapiteln dieses Buchen noch sehr viel tiefer in das Thema Anleihen und Handel einsteigen. An dieser Stelle wollen wir ersteinmal an der Oberfläche kratzen. Wir wollen aber hier noch einen weitere Grundlegen Punkt in Bezug auf Zinsen vertiefen. Bisher haben wir gesagt, dass wir einen Zins nehmen wollen, aber noch nicht näher geschaut, wie der denn bestimmt werden kann. Im Privaten können wir vielleicht noch abschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass wir nur einen Teil des Geldes zurück erhalten. Wenn wir aber über Unternehmen oder sogar Staaten sprechen, dann werden wir wohl Probleme bekommen dies zu überschauen. Für diese Untersuchung gibts es Unternehmen, deren Kerngeschäft die Bewertung von Unternehmen und Staaten sind. Sie prüfen die Bonität von Schuldnern. Anhand dieser Bewertung kann sich dann eine Unternehmen oder Staat bei einer guten Bewertung zu niedrigeren Zinsen Geld leihen oder aber muss bei einer schlechten Bewertung deutlich höhere Zinsen zahlen.
Ein weitere Aspekt, der die Höhe von Leitzinsen bestimmt ist der Leitzins. Ganz einfach gesagt also der Zins, den ich bei meiner Bank auf meinem Sparbuch/Konto bekomme. Denn wenn ich bei meiner Bank schon 2% bekommen, dann möchte ich dafür, dass ich mein Geld einem Unternehmen verleihe doch auch mehr bekommen. Dieser Aspekt ist natürlich etwas komplizierter als hier beschrieben, denn ich verleihe mein Erspartes ja in dem Fall der Bank. In der Finanztheorie wird der Begriff des risikolosen Zins verwendet, also der Zins, den ich auf jeden Fall bekomme, ohne dabei ein Risiko einzugehen. Oftmals werden dafür die Zinsen von Staatsanleihen sehr guter Bonität genommen. Ob nun Leitzins oder US-Staatsanleihen, wir wollen für unsere übernommene Unsicherheit natürlich eine Ausgleich bekommen. Der letzte Aspekt, der die Höhe von Zinsen beeinflußt ist natürlich basierend auf Angebot und Nachfrage. Ein Schuldner, also jemand, der sich Geld leihen möchte, wird bei verschiedenen Quellen anfragen. Auf der anderen Seite sind ja dann immer Menschen, die ihr Geld verleihen wollen, um dann an dem Zins zu verdienen. Sind jetzt mehr Schuldner als Anbieter vorhanden, können die sich die Geldgeber aussuchen, wem sie ihr Geld geben und damit einen höheren Zins verlangen. Andersherum, müssen die Geldgeber um die Gunst der Schuldner buhlen und werden mit den Zinsen runter gehen. Zusammenfassen können wir wohl eine Rechnung wie folgt machen: risikoloser Zins + Bonität, also mehr Zinspunkte bei schlechter Bonität und weniger bei geringerer + Angebot/Nachfrage, also mehr Zinspunkte bei höhere Nachfrage nach Krediten und weniger bei geringer Nachfrage Um den Prozess etwas besser zu verstehen, betrachten wir einmal folgende Szenarien. Ein Schuldner will sich zur Finanzierung eines Projektes Geld leihen. Er hat die Möglichkeit, selbst eine Anleihe zu definieren. Sagen wir, 200TEUR für 5 Jahre zu 4%. Er bietet nun auf dem Markt 200 Anleihepapiere zu je 1TEUR an. Jetzt können Geldgeber so viele zeichnen, also anfragen, wie sie wollen. Der Schuldner kann Glück haben und wird alle Anleihen los, hat sein Projet also finanziert, oder aber er ist nur die Hälfte losgeworden, weil sein Projekt wohl doch nicht alle Geldgeber überzeugt hat. Gegebenenfalls muss er dann wohl in einem weiteren Verfahren einen höheren Zins bieten. Um diesen Prozess etwas runder zugestallten, werden oftmals Banken mit einem sogennanten Bookbilding, also einer Art Umfrage, beauftragt, die das Ziel hat, bei verschiedenen Geldgebern anzufragen, wieviel Geld sie denn zu welchem Zinssatz geben würden. Ein anderes Szenario ist die Versteigerung. Bei einem Zinstender ist der Zins nicht definiert und der Schuldner versteigert seine Papiere zu unterschiedlichen Zinssätzen. In Deutschland werden tatsächlich manche Staatsanleihen auf diese Art und Weise finanziert. In den Nachrischten wird später bekannt gegeben zu welchen Zinsatz eine Anleihe begeben wurde. Diese Information gibt sehr Auskunft darüber, die der Markt die aktuellen Zinsen bewertet - das Ergebnis ist ein Zins, der fast Ausschließlich auf Angebit und NAchfrage basiert.
Exkurs Ratingagenturen #
RATING: Je höher das Eigenkapital und die Sicherheit des Unternehmens, desto besser das Rating. Ratingagenturen sind private Unternehmen, die gewerbsmäßig die Bonität (Kreditwürdigkeit) von Unternehmen aller Branchen, Staaten, Fonds, usw. durch eine Buchstabenkombination bewerten. Ein großer Teil der weltweiten Investoren und Gläubiger ist – mangels eigener Analysen – darauf angewiesen, dass die Bonität ihrer Schuldner regelmäßig von Dritten untersucht wird, um das Ausfallrisiko ihrer Forderungen einschätzen zu können. Moody’s, Standard & Poor‘s und Fitch decken in einem Oligopol über 90% des Ratingmarktes ab.
Eigenkapitalgeber #
Anleihen Fremdkapitalgeber Aktien Eigenkapitalgeber
Vor und Nachteil #
Gerät ein Unternehmen in die Insolvenz, werden zunächst die Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse befriedigt. Lediglich das nach Befriedigung der Gläubiger verbleibende Vermögen wird unter den Eigenkapitalgebern verteilt. Die Eigenkapitalgeber werden also nachrangig behandelt und tragen somit ein höheres Risiko als die Fremdkapitalgeber. Daher haben sie generell auch höhere Renditeerwartungen als Fremdkapitalgeber, woraus der Grundsatz folgt: Eigenkapital für ein Unternehmen ist teurer als Fremdkapital.
Exkurs: historische Betrachtung von Aktiengewinnen #
Wir wollen am Anfang - zur Motivation - einmal betrachten, warum wir eigentlich mehr Aktien haben sollten. Der Grundgedanke einer Aktie spiegelt eine Beteiligung an einem Unternehmen wider. Wir beteiligen uns an einer Firma. Sie gehört uns zu einem kleinen Teil. Damit haben wir einen Sachwert erworben, ähnlich einer Immobilie oder Gold. Diese Beteiligung bedeutet natürlich auch, dass wir etwas von dem Gewinn bekommen, den die Firma erwirtschaftet. In vielen Fällen ist dies eine Dividende. Macht ein Unternehmen gute Geschäfte und verdient gutes Geld bekommen auch wir etwas davon ab. Natürlich muss Gewinn nicht immer ausgezahlt werden, er kann auch investiert werden, um neue Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. Das Management kann aber auch alte Produktionsanlagen modernisieren, um den Umsatz zu erhöhen. Innovation und Steigerung von Effizienz einhergehen mit steigenden Gewinnen ist vielerorts der Motor der Wirtschaft. Man könnte also sagen, dass gute Unternehmen ihren Wert stetig steigern. Damit werden auch unsere Anteile stetig mehr Wert. Wir werden auf den Aspekt des Wertes in einem eigenen Kapitel noch weiter eingehen. Dieser Wert kann natürlich auch immer schwanken, weil Politik oder Natur unvorhergesehene Einschnitte fordern. Im folgenden betrachten wir eine Analyse, die die Rating Agentur Morningstar gemacht hat und die uns Aufschluß bringen solle, wie den die durchschnittliche Steigerungrate in der Vergangenheit gewesen ist.
US-Aktien: Wie „sicher“ sind Gewinne langfristig?
Investoren wollen Gewissheit: Was könnte ich schlimmstenfalls verlieren? Das wissen wir natürlich nicht, aber mit dem „Morningstar Investment-Trichter“ zeigen wir, dass die Zeit Performance-Wunden unweigerlich heilt. Heute blicken wir auf die Historie des amerikanischen Index S&P 500.
Investmentfonds entfalten ihren Charme für Anleger, wenn sie langfristig gehalten werden. Die Leser unserer Kolumnen kennen unser Mantra. Langfristige Anlageprozesse erfordern Kontinuität, und wer seinen Fonds – egal, ob es ein aktiv verwalteter Fonds oder ein ETF ist – über mehrere Börsenzyklen hält, wird aller Voraussicht nach deutlich besser fahren als taktische Trader, die in mehr oder weniger hoher Frequenz „Fonds-Hopping“ betreiben.
Doch auch noble Mantras brauchen „Futter“. Die meisten Anleger sind risikoavers, und deshalb ist es wichtig, die Zahlen „sprechen“ zu lassen. Wer befürchtet, dass er auch für eine sehr lange Zeit auf Verlusten sitzenbleiben könnte, wird sich im Zweifel nicht an eine Wertpapieranlage herantrauen.
Deshalb wollen wir unser Plädoyer für Langfristinvestments aus einem für die meisten Leser vermutlich ungewohnten Blickwinkel vornehmen. Mit dem Morningstar Investment-Trichter können Anleger nicht nur ein Gefühl für die langfristige Performance eines Investments entwickeln, sondern auch, dass eine lange Haltedauer die Wogen der Märkte glättet und die Wahrscheinlichkeit extremer Ausschläge reduziert. Unsere Illustration, die wir in lockerer Reihe veröffentlichen, zeigt auch, wie lange ein Investor warten musste, bis sein Investment schwarze Zahlen schrieb. Wir nehmen uns dafür bekannte Indizes vor. Heute blicken wir auf den US-Standardwerte-Index S&P 500.
Drei Szenarien durch den Morningstar Investment Trichter gejagt
Unser Trichterdiagramm berücksichtigt verschiedene historische Investment-Perioden eines Investments. Es wird immer in Blöcken aufeinanderfolgender Monatsrenditen gemessen und ggf. annualisiert (wir rechnen dafür in Euro). Unsere Rechnung umfasst typischerweise 25 Jahre. Zugrunde legen wir etablierte Indizes, die schon seit langer Zeit existieren, sodass die Datenreihen, die der Rechnung zugrunde liegen, in der Regel 30, 40 Jahre oder noch mehr zurückreichen.
Kritiker werden einwenden, dass ein 25 Jahre andauernder Investmenthorizont heute illusorisch anmutet. Aber wenn es um die Altersversorgung oder die Ausbildung der Kinder geht, sind 25 Jahre eigentlich keine unvorstellbar lange Zeit. Wir erinnern zudem daran, dass auch ultimativ erfolgreiche Fonds Underperformance-Phasen von rund zehn Jahren durchlaufen können!
Unsere Grafik unten zeigt an, welche Performance im historischen Rückblick im besten Fall und welche im schlechtesten Fall herausgekommen wäre. Zudem zeigt unser Trichter den durchschnittlichen Szenario-Verlauf an. Unsere drei Szenarien sind wie folgt illustriert: die blaue Linie bildet den optimalen Verlauf nach 25 zusammenhängenden Jahren ab, die grüne den denkbar schlechtesten Verlauf, und die graue Linie markiert das durchschnittliche Szenario von 25 Jahren.
Die Gesamthistorie, aus der wir diese Daten ableiten, umfasst 46,5 Jahre. Bewegt man sich von links nach rechts entlang der Zeitachse, wird deutlich, dass sich der Renditekorridor deutlich verengt; sowohl die maximalen Verluste in den jeweiligen Jahresperioden also auch die spiegelbildlichen maximalen Renditen werden geringer. Das ist der wundersame Glättungseffekt, den langfristige Investments ermöglichen!
Unterhalb der Grafik finden Sie die dazugehörige Tabelle, welche die Renditeangaben der drei Szenarien in Zahlen widergibt und dabei auch die Sicht auf verschiedene Zeiträume ermöglicht.
Grafik: Zwischen Achterbahnfahrt und geglätteter Performance: Szenarien für den S&P 500 Index
Szenario-Renditen in % p.a., Daten per 31.3.2018, Quelle: Morningstar Direct Kommen wir nun zu den Renditezahlen. Die untere Tabelle zeigt, dass kurze Zeiträume Achterbahnfahrten mit sich bringen können. Der S&P 500 hätte im besten Fall in der 46,5-jährigen Spanne unserer Betrachtung eine Zwölfmonats-Performance von sensationellen 89,7 Prozent erzielt. Allerdings fielen in der schlechtesten 12-Monatsperiode Verluste von 39,8 Prozent an. Wer zwei Jahre dabei blieb, erzielte im besten Fall annualisiert 53,6 Prozent (statt 77,5 Prozent), im schlimmsten Fall lag das Minus bei 31,3 Prozent p.a. Und so setzt sich der Trend fort, je weiter man den Blick weiter nach rechts lenkt. Wer zehn Jahre bei der Stange blieb, erzielte bestenfalls ein durchschnittliches Plus von knapp 24,6 Prozent p.a.; im schlimmsten Fall lag der Verlust pro Jahr bei 5,3 Prozent. Und jetzt kommen wir zur spannenden Frage: Nach wie vielen Jahren wären Verluste im Gesamtzeitraum von 46,5 Jahren bei US-Standardwerteindex ausgeschlossen? Beim S&P 500 wäre nach 14 Jahren kein Verlust möglich gewesen. Ab dem 14. Investment-Jahr hätte der US-Standardwerte-Index im schlimmsten Fall ein Plus von 0,8 p.a. erzielt. Das ist für ein Aktieninvestment sehr mickrig, aber angesichts der Fixierung von Anlegern auf Verluste, zeigt unser Beispiel, dass Langfristigkeit die beste Medizin gegen Kursverluste darstellt. Unterstellt man einen Break-even von zwei Prozent Inflation, dann hätte man nach 15 Jahren im schlimmsten Fall real einen Gewinn erzielt – bei einem nominalen Plus von 2,2 Prozent pro Jahr. Die maximale Periode von 25 Jahren erbrachte im schlechtesten Fall eine Performance von 6,5 Prozent. Das liegt am unteren Ende der langfristigen Aktienrenditen von sechs bis acht Prozent pro Jahr. Tabelle: Was beim S&P 500 nach XY Jahren herausgekommen wäre
Rendite #
Wir haben bereits verstanden, dass man für das Verleihen von Geld einen Zins bekommen kann. Wir wollen mit unserem Geld und über Zinsen etwas verdienen. Wir wollen also einen Ertrag erwirtschaften. Um diesen messbar und vergleichbar zu machen, nehmen wir die Rendite. Die Rendite ist also der Ertrag einer Geldanlage, der innerhalb eines Jahres erzielt wird, in Bezug auf den Kapitaleinsatz des Anlegers. Somit ist die Rendite ein wichtiger Aspekt zur Erfolgsmessung von Kapitalanlagen. Sie kann sich sowohl auf den Zinsertrag einer Sparanlage als auch auf die laufende Verzinsung von Zinspapieren oder auf die Dividendenzahlungen aus Aktien beziehen. Werden alle Kosten einer Kapitalanlage in die Gewinnrechnung einbezogen, wird von Bruttorendite gesprochen. Ein anderer Begriff dafür ist auch die Effektivverzinsung. Handelt es sich lediglich um den reinen Kurs- oder Zinsgewinn, wird von Nettorendite gesprochen. Begeben wir uns jetzt in die Rolle eines großen Investors. Wir möchten unser Geld investieren, also verleihen, um dann die Zinsen einzustreichen. Wir geben einem Unternehmen unser Geld, damit es damit wirtschaften kann, wollen aber auch ein Stück vom Kuchen. Vor allem wollen wir aber auch eine Prämie für das Risiko, das wir dabei eingehen. Denn es kann immer etwas passieren. Dann sehen nur wenig von dem verliehenen Geld wieder. Wir haben bereits gelernt, dass der Zins unteranderem auch von der Laufzeit abhängt. Zur Erinnerung: Je länger die Laufzeit, desto höher der Zins. Diesen Gedanken werden wir noch oft benötigen. Wir haben nun ein Unternehmen gefunden, dass eine neue Werkshalle bauen möchte. Damit kann mehr produziert werden. Und je mehr die Firma herstellt, um so mehr Geld kann sie verdienen. Wir wollen jetzt nicht auf Umsatz und Marge eingehen - das würde hier an der Stelle zu weit gehen. Wir einigen uns mit dem Kreditnehmer auf eine Summe von €1 Mio. Wir einigen uns zudem auf eine Laufzeit von 10 Jahren und einen Zins von 4 % pro Jahr. Das Geschäft bilden wir über eine Anleihe ab. Also ein Dokument, dass die Einzelheiten festhält. Wir werden später detaillier auf Anleihen eingehen, jetzt sind die Details noch nicht so wichtig. Ersetzen wir nun das Unternehmen mit einem Staat. Auch die Regierungen verschiedener Länder finanzieren sich nicht nur über Steuern, sondern auch über Kredite. Dieses Vorgehen ist nicht neu - es ist fast so alt wie die Länder selber. Schon immer haben sich Regierungen und Herrschaften von privaten Investoren Geld geliehen. Genau wie bei dem voranstehenden Beispiel geschieht dies über Anleihen, sogenannten Staatsanleihen. Die gibt es mit verschiedenen Laufzeiten von wenigen Monaten bis zu Jahrzehnten. Jetzt kann man all diese Anleihen natürlich auch an der Börse handeln. Man muss sie nicht bis zum Ende halten. Ein Grund, sich von einer Anleihe zu trennen, kann eine Veränderung in der Bewertung der Rahmenbedingungen sein. In unserem Beispiel kann es also durchaus sein, dass die Produkte, die das Unternehmen produziert, in der Zwischenzeit von einem Konkurrenten billiger und besser angeboten werden. Wir schätzen dann das Risiko höher ein, dass wir vielleicht am Ende der Laufzeit nicht mehr das gesamte Geld zurückbekommen. Vielleicht hat sich aber auch das Umfeld geändert und Steuererhöhungen haben dafür gesorgt, dass die Produkte nicht mehr abgenommen werden. Die Gründe können so vielfältig sein. Auf jeden Fall wollen wir uns von der Anleihe trennen und verkaufen sie über die Börse. Vielleicht schätz ein anderer Marktteilnehmer die Lage ja ganz anders ein. Es geht hier um das Thema Rendite.
Exkurs Realrendite #
Mit einem positiven Zins eine positive Rendite zu erwirtschaften ist eine schöne Sache. Wir haben aber bereits erfahren, dass unser Geld einem Verlust an Kaufkraft ausgesetzt sein kann. Wenn die Preissteigerung, also die Inflation positiv ist, dann können wir uns in Zukunft weniger für das selbe Geld kaufen. Diese Inflation is ja immerhin auch einer der Treiber für uns unser Geld überhaupt anzulegen. Wir wollen ja der Inflation entgegen wirken. Bei einem Zins von 2% und einer Inflation von 3% erleiden wir immernaoch einen Kaufkraftverlust. Dieser Zusammenhang wir mit der realen Rendite, oder Realzins, abgebildet. In unserem Beispiel haben wir also eine Realrendite von ungefähr -1%. Ganz einfach gesagt ist die Realrendite also der Zins abzüglich der Inflation. Ganz korrekt nimmt man nicht die Inflation, sondern die Inflationserwartung. In den Statistiken von Notenbanken können wir diese Zahlen alle finden. Die Realrendite von Anleihen wird intensiv beobachtet, da sie uns ein Signal gibt, ob die Anlage in Staatsanleihen eine positive reale Rendite bringt und damit eine Anlage die weniger Risiko hat als eine Anlage in Aktien.
Zins(struktur)kurve #
Die Renditekurve ist ein Diagramm, das die Renditen von Anleihen ähnlicher Qualität gegen ihre Laufzeiten darstellt, die von der kürzesten bis zur längsten reichen. Die auf einer Renditekurve dargestellten Anleihen müssen zur selben Anlageklasse gehören und dieselbe Kreditqualität aufweisen. Eine Renditekurve kann für jede Art von Anleihen erstellt werden. Am häufigsten verwendet wird die Renditekurve der US-Staatsanleihen, weil diese Art von Anleihen (wegen ihrer Garantie durch die Regierung) kein wahrgenommenes Kreditrisiko hat und ein breites Spektrum von Fälligkeiten repräsentiert, die von drei Monaten bis zu 30 Jahren reichen. In einem normalen Zinsumfeld steigt die Kurve von links nach rechts an. Anleihen mit kurzen Laufzeiten haben in der Regel niedrigere Renditen als Anleihen mit langen Laufzeiten, da sie ein geringeres Zinsrisiko aufweisen. Die nachfolgenden Grafiken zeigt eine Renditekurve für US Staatsanleihen.
Die ersten beiden Bilder zeigen die Kurve zu jeweils unterschiedlichen Zeiten, und wir können erkennen, wie sich Kurven im Laufe der Zeit verändern. Im ersten Bild ist der Zeitraum von Oktober 2020 bis März 2021 zu sehen. Dabei sehen wir wie sich die Steigung der Kurven erhöht - die Zinsen am Langen Ende steigen stärker, wobei die Zinsen am kurzen Ende fast unverändert bleiben. Im zweiten Bild sehen wir den gleichen ZEitraum nut ein Jahr später und die Kurven sehen anders aus. Jetzt werden sie flacher. Das dritte Bild zeigt die Differenz (Spread) der 10-jährigen Staatsanleihen gegenüber den 2-jährigen Staatsanleihen. Auch hier können wir das auf und ab sehen. Dieser Spread wird oftmals als Proxy für die Zinstrukturkurve verwendet, obwohl er nur einen sehr kleinen Bereich abdeckt. Am Ende sollte man sich die Kurve in ihreer Gesamtheit und vor allem in der zeitlichen Entwicklung ansehen, um eventuell Schlüsse zu ziehen. Unterschiedliche Faktoren beeinflussen das kurze und das lange Ende der Zinsstrukturkurve. Das kurze Ende der auf den kurzfristigen Zinssätzen basierenden Renditekurve wird durch die Zinspolitik der Federal Reserve bestimmt. Das kurze Ende steigt, wenn erwartet wird, dass die Fed die Zinsen erhöht, und fällt, wenn die Anleger mit Zinssenkungen rechnen. Das lange Ende der Zinskurve wird von Faktoren wie den Inflationsaussichten, der Anlegernachfrage, dem Staatshaushaltsdefizit und dem erwarteten Wirtschaftswachstum beeinflusst. Die Zinskurve kann steiler oder flacher werden, jenachdem wie stark sich die Zinsen in den unterschieldichen Laufzeit ändern. Wenn die Zinskurve steiler wird, vergrößert sich der Spread zwischen den kurz- und langfristigen Zinssätzen. Eine Abflachung der Zinskurve hingegen tritt ein, wenn die Spanne zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen auf Anleihen abnimmt. Da die Zinsen in den unterschiedlichen Laufzeiten durch unterschiedliche Faktoren beinflußt werden, kann man von der Form der Kurve und auch der Veränderung der Kurve Schlüsse auf die aktuelle wirtschaftliche Verfassung einer Volkswirtschaft schließen aber auch auf die Erwartung der Marktteilnehmer an die Zunkuftsausichten. kurzfristige Zinsen werden durch die Zentralbank bestimmt langfristige Zinsen werden durch den Markt bestimme Wenn der Markt von einer wirtschaftlichen Abschwächung ausgeht, werden auch die Erwartungen an die Inflation gesenkt. Dabei wird Geld von Aktienmärkten in Anleihen verschoben, was zu steigenden Kursen bei den Anleihen führt. Besteht hingegen die Gefahr, dass die Wirtschaft heiß läuft, dann wird die Zentralbank die Zinsen erhöhen. Die Form der Renditekurve verrät uns, ob die Zinssätze den Erwartungen zufolge in der Zukunft steigen oder sinken werden. Beispielsweise zeigt eine ansteigende Kurve an, dass die Marktteilnehmer glauben, dass die Zinsen wahrscheinlich steigen werden. Die Neigung der Kurve kann ein guter Indikator für das Konjunkturklima sein, weil sie Aufschluss darüber gibt, was die Anleger über die zukünftigen Zinssätze denken, und somit den Konjunkturausblick wiedergibt. Schauen wir uns nun verschieden Szenarien an. In einer gesunden Wirtschaft wird die Zinskurve eine ansteigenden Linie gleichen.
Normale Renditekurve #
Die normale Form der Renditekurve ist eine von links nach rechts ansteigende Kurve. Eine solche Renditekurve zeigt an, dass die Renditen für Anleihen mit längerer Fälligkeit höher sind. Diese Art der Renditekurve ist gewöhnlich in Phasen wirtschaftlicher Expansion zu beobachten, wenn die Wirtschaft wächst. In diesem Umfeld verlangen die Anleger höhere Renditen auf Anleihen mit längerer Laufzeit als Ausgleich für die Inflation und künftige Zinserhöhungen.
Flache Renditekurve #
Flache Renditekurven sind zu beobachten, wenn die Konjunktur von einer Expansion zu einer Abschwächung übergeht und umgekehrt. Meistens tritt eine flache Renditekurve auf, wenn die Zentralbanken die Zinssätze erhöhen, um eine schnell wachsende Wirtschaft zu bremsen. In diesem Fall steigen die kurzfristigen Zinsen, um die Zinserhöhungen widerzuspiegeln, wogegen die langfristigen Zinsen sinken, da die Inflationserwartungen moderater werden. Im Allgemeinen signalisiert eine abflachende Kurve eine rückläufige Wirtschaft, sehr zum Nachteil der Banken, da ihre Finanzierungskosten steigen. Darüber hinaus führen die höheren Zinssätze für kurzfristige Anleihen tendenziell zu höheren Renditen als Aktien. Steigende Zinsen drücken die kurzfristigen Anleihekurse, wodurch ihre kurzfristigen Renditen im Vergleich zu langfristigen Wertpapieren schnell steigen. In einem solchen Wirtschaftsklima verkaufen Anleger ihre Aktien weitgehend und reinvestieren die Erlöse in den Anleihenmarkt.
Inverse Renditekurve #
Manchmal kehrt sich die Renditekurve zu einer abwärts gerichteten Form um, was anzeigt, dass die Renditen für Anleihen mit längerer Fälligkeit niedriger sind. Diese Form ist ungewöhnlich und typischerweise in Phasen der Rezession zu beobachten, wenn die Zinssätze und die Inflation niedrig sind oder sinken. Historisch betrachtet bewegt sich die Renditekurve etwa 12 bis 18 Monate vor Beginn der Rezession in eine umgekehrte Position. Eine inverse Zinskurve deutet darauf hin, dass sich diese Einschätzung der Anleger umgekehrt hat. Sie halten dann das kurzfristige Risiko für höher als jenes für länger laufende Investments. In anderen Worten halten sie es für möglich, dass sich das Wirtschaftswachstum demnächst so sehr abschwächt, dass es dem Staat schwerer fallen wird, seine Schulden zurückzuzahlen. Gleichzeitig rechnen sie langfristig mit niedrigeren Zinsen, weil sie davon ausgehen, dass die Zentralbanken der Wirtschaft mit billigerem Geld unter die Arme greifen werden müssen. In diesem Umfeld wird es auch für Unternehmen und Konsumenten teurer, sich kurzfristig Geld zu leihen. Sie schieben daher Investitionen und Kaufentscheidungen auf, weil sie davon ausgehen, dass die Zinsen zu einem anderen Zeitpunkt wieder günstiger werden. Dies reduziert Investitionen und Konsum, die einen großen Teil wirtschaftlicher Aktivitäten ausmachen und reduziert so tatsächlich das Wirtschaftswachstum. Anleger und Investoren prüfen die Kurve, indem sie die Zinsen der 3monatigen Staatsanleihen von denen der 10jährigen abziehen. Der Wert wird als Spread bezeichnet und wenn dieser Spread negativ ist, dann liegt eine inverse Kurve vor. In dem folgenden Bild ist dieser Spread für die US gezeigt. Zudem ist in grau der Bereich markiert, in dem sich die USA in einer Rezession befanden. Diese Logik ist nicht zu 100% gültig und auch der Zeitraum zwischen negativer Kurve und Rezession schwanken zwischen einigen Monaten und 2 Jahren.
Wir können also festhalten, dass es ein erhöhtes Risiko einer Rezession geben kann wenn eine inverse Kurve auftritt. Zumindest kann es helfen zu erklären, warum der Markt. mit Stress reagiert, wenn dieses Szenario eintritt.
Anmerkung: Wie in so vielen Fällen gibt es auch hier verschiedene Ansätze, die erklären, warum Zinsen am langen Ende höher, als am kurzen Ende sind. Dazu gehören die Die (reine) Erwartungshypothese Die Liquiditätspräferenzhypothese Die Marktsegmentierungshypothese Für uns ist in dem aktuellen Zusammenhang die Bedeutung zur Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der Finanzmärkte und der Wirtschaft relevant. Etwas vereinfacht kann man die Zinsstrukturkurve basierend auf den volkswirtschaftlichen Maßnahmen von Notenbanken und Regierungen erklären. In einer Phase des Aufschwungs kann die Notenbank das Wachstum unterstützen, indem Kredite billig angeboten werden, also für niedrige Zinsen. Desto stärker eine Wirtschaft wächst, desto eher kann die Notenbank eine Überhitzung verhindern, indem die Wirtschaft vorsichtig eingebremst wird. Dazu müssen nur die Zinsen angehoben werden und damit Kredite verteuert. So kann ein Gleichgewicht geschaffen werden, bei dem es Wachstum über einen langen Zeitraum gibt und jede Phase der Schwäche durch Zinssenkung abgefedert wird. Wenn Anleger dem Staat Geld leihen, begnügen sie sich üblicherweise bei kurzfristigen Anleihen mit einer niedrigeren Rendite als bei Anleihen, die über zehn oder mehr Jahre laufen. Die Logik dahinter ist einfach: Je kürzer die Laufzeit, umso überschaubarer ist das Risiko der Anlage und damit sinkt die geforderte Verzinsung.
Unterschiede im Renditenumfeld #
Genau wie die Wirtschaft einem Zyklus folgt kann man auch im Renditeumfeld eine Art Zyklus erkennen, der sich ändert jenachdem wir sich die Aussichten für die Wirtschaft ändern. Um die folgenden Begriffe besser verstehen zu können, rufen wir uns nocheinmal eine Regel zurück: fallende Zinsen = steigende Anleihe Kurse. Der Anleihemarkt ist historisch in den USA stark geprägt worden und damit kommen auch viele Begriffe aus dem Englischen. Daher sprechen wir von einem BULL Umfeld, wenn die Anleihekurse steigen, also die Zinsen fallen. Für die Unterscheidung des Renditenumfelds kommt es nun darauf an, ob die kurzfristigen Zinsen schneller oder langsamer fallen als die der Langfristigen. Wir unterscheiden also ob die Renditekurve steiler wird oder flacher (eng flat=flach oder steep=steil). Die Kurve wird flacher, dann sprechen wir von einem Flattener und wir unterscheiden in Bear Flattener und Bull Flattener, da entweder die Zinsen steigen oder fallen.. Fallen die kurzfristigen Zinsen langsamer als die langfristige Zinsen, sprechen wir von einem Bull Flattener. Bull, weil die Zinsen fallen und Flattener, weil die Steigung der Kurve flacher wird. Daraus ergeben sich vier verschiedene Möglichkeiten eines Renditeumfelds: Bull Flattener Bear Flattener Bull Steepener Bear Steppener Diese wollen wir im Folgenden näher betrachten. Bull Flattener Ein Bull Flattener ist ein Renditeumfeld, in dem die langfristigen Zinsen schneller sinken als die kurzfristigen Zinsen. Das führt dazu, dass sich die Zinsstrukturkurve abflacht, wenn die kurzfristigen und langfristigen Zinsen beginnen, sich anzunähern. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Anleger langfristig mit einem Rückgang der Inflation rechnen, was zu vergleichsweise niedrigeren langfristigen Zinsen führt. Wenn sich die Vorhersage einer niedrigeren langfristigen Inflation bewahrheitet, hat die Fed mehr Spielraum, um die kurzfristigen Zinsen zu senken. Wenn die Fed die kurzfristigen Zinsen senkt, wird dies im Allgemeinen sowohl für die Wirtschaft als auch für den Aktienmarkt als optimistisch angesehen. Es könnte auch zu einem Bull Flattener kommen, da mehr Anleger langfristige Anleihen im Vergleich zu kurzfristigen Anleihen wählen, was die Kurse langfristiger Anleihen in die Höhe treibt und die Renditen senkt. Kurzfristig ist ein Bull Flattener ein bullisches Zeichen, dem normalerweise höhere Aktienkurse und wirtschaftlicher Wohlstand folgen. Während ein Bull Flattener für den größten Teil der Wirtschaft kurzfristig bullish ist, sind die langfristigen Auswirkungen ganz anders. Ein Bull-Flattener wird oft von fallenden Zinsen angetrieben, die die Anleihekurse und -renditen kurzfristig direkt erhöhen. Höhere Anleihekurse bedeuten jedoch niedrigere Renditen und niedrigere Renditen für Anleihen in der Zukunft. Gerade diese geringeren Renditeerwartungen für Anleihen treiben Anleger an die Börse. Das erhöht kurzfristig die Aktienkurse, aber höhere Aktienkurse bedeuten langfristig niedrigere Dividendenrenditen und niedrigere Aktienrenditen. Es kann sogar zu einem Bull Flattener kommen, weil das erwartete langfristige Wachstum und nicht die Inflation zurückgegangen ist. Dies ist jedoch selten, da das Wirtschaftswachstum viel stabiler und vorhersehbarer ist als die Inflation.
Langfristig hingegen führt ein Bull Flattener oft zu niedrigeren Renditen für Anleihen und Aktien.
Ein Bull Flattener tritt normalerweise während der Rezessionsphase auf, wenn Aktien, Rohstoffe, der US-Dollar und das BIP fallen, während Anleihen und sichere Häfen in einen neuen Aufwärtstrend eintreten. Während dieser Phase verringern die Märkte ihre zukünftigen Inflationserwartungen, was zu niedrigeren Renditen am langen Ende der Zinsstrukturkurve führt. Es gibt auch keine Erwartungen an eine Zinserhöhung durch die Fed, die die Zinsen am kurzen Ende unverändert lässt. Bull Flattener werden oft verwendet, um eine bevorstehende geldpolitische Lockerung durch die Fed zu antizipieren. Bear Flattener Wenn umgekehrt die kurzfristigen Zinsen schneller steigen als die langfristigen Zinsen, folgt bald ein Bear-Flattener und wird als negativ für den Aktienmarkt angesehen. Typischerweise steigen die kurzfristigen Zinsen, wenn der Markt erwartet, dass die FED mit einer Straffung beginnt, um die aufkeimenden Kräfte der Inflation einzudämmen.
Bear Flattener treten normalerweise während der frühen Rezessionsphase auf, wenn sowohl Aktien als auch Anleihen in einen Abwärtstrend eintreten. Sie sind auch ein frühes Anzeichen für einen bevorstehenden quantitativen Lockerungszyklus. Was ist ein Bull Steepener? Ein Bull Steepener ist eine Veränderung der Zinskurve, die dadurch verursacht wird, dass die kurzfristigen Zinssätze schneller fallen als die langfristigen Zinssätze, was zu einem höheren Spread zwischen den beiden Zinssätzen führt. Ein Bull Steepener tritt auf, wenn erwartet wird, dass die Fed die Zinsen senkt. Diese Erwartung lässt Verbraucher und Anleger kurzfristig optimistisch in Bezug auf die Wirtschaft und optimistisch in Bezug auf die Kurse an den Aktienmärkten werden.
Da die Wirtschaft immer noch anfällig ist und Unterstützung durch die Zentralbank benötigt, bilden sich häufig Bullen Steepener, nachdem die Fed eine quantitative Lockerung einsetzt oder ein anderes akkommodierendes geldpolitisches Instrument anwendet. Bear Steepener Bei einem Bear Steepener wird die Renditekurve steiler, die dadurch verursacht wird, dass die langfristigen Zinsen schneller steigen als die kurzfristigen Zinsen. Ein Bear-Steepener deutet normalerweise auf steigende Inflationserwartungen hin – oder auf einen weit verbreiteten Preisanstieg in der gesamten Wirtschaft. Der Anstieg der Inflation kann dazu führen, dass die US-Notenbank die Zinssätze erhöht, um die Preise nicht zu schnell steigen zu lassen. Die Anleger wiederum verkaufen ihre bestehenden festverzinslichen langfristigen Anleihen, da diese Renditen in einem Umfeld mit steigenden Zinsen weniger attraktiv sein werden. Das Ergebnis ist ein Bear Steepener, weil Anleger langfristige Anleihen zugunsten kürzerer Laufzeiten verkaufen, während sie auf das Ende der Zinserhöhungen warten, bevor sie wieder langfristige Anleihen kaufen.
Fazit #
Zinsen und wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen sich gegenseitig. Dementsprechend kann man folgende Aussagen treffen:
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Bull Steepener sind ein Zeichen der Rezession, also wenn es der Wirtschaft schlecht geht. Die Zentralbanken stimulieren, indem sie die Zinsen senken. Die Zinskurve fängt am kurzen Ende an zu steigen.
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Der Bear Steepener kommen im Anschluß, da die Zentralbank kaum noch eingreift. Die Wirtschaft nimmt fahrt auf und die Zinsen steigen am langen Ende. Es wird mit Wachstum und damit steigender Inflation gerechnet.
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Nun beginnt die Phase des Bear Flattener, weil die Notenbank beginnt die Zinsen am kurzen Ende anzuheben, um dem starken Wirtschaftswachstum entgegen zu wirken. Es soll eine Überhitzung der Wirtschaft vermieden werden.
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Im Anschluß kommt es zu einem Bull Flattening. Die Wirtschaft hat ihren Zenit gesehen und das Wachstum schwächt sich ab. Die Zinsen am langen Ende beginnen zu fallen. Es wird eine niedrigere Inflation im Zuge des geringeren Wirtschaftswachstums erwartet.
Eine Untersuchung der Bank of America hat die durchschnittliche jährliche Rendite des S&P 500 während der verschiedenen Szenarien für den Zeitraum Juni 1976 bis Januar 2018 aufgezeigt. Das Ergebnis wird im folgenden Diagram dargestellt.
Generell können wir festhalten das eine steilere Zinskurve gut für Aktien ist und eine flachere oder gar inverse Kurve nicht so gut für Aktien ist.